Dr. forest Christoph Hoffmann

Klima durch Innovation schützen

Foto von Dawn McDonald auf Unsplash

Klimaschutz gelingt nur mit Technologieoffenheit und Innovation. E-Fuels bieten die Chance auf CO2-Reduzierung schon mit den heutigen Fahrzeugen. Deshalb brauchen wir einen schnellen Markthochlauf für E-Fuels in Europa. Zudem brauchen wir die Möglichkeit, Autos mit Verbrennungsmotoren nach 2035 zuzulassen, wenn diese ausschließlich mit E-Fuels oder innovativen Biokraftstoffen betrieben werden können. Technologieverbote leisten dem Klimaschutz einen Bärendienst. Vielmehr braucht es ein offenes und innovatives Umfeld, um neue Lösungen zu entwickeln, wie Klimaneutralität erreicht werden kann.

Da die EU-Kommission entgegen ihrer Zusage jedoch keine Initiative ergriffen hat, E-Fuels auch nach 2035 zu ermöglichen, kann Deutschland einem absoluten „Verbrennerverbot“ nicht zustimmen. Die FDP setzt sich für Technologieoffenheit und einen Wettbewerb um die besten Ideen ein, deshalb haben wir die Zustimmung zu einem absoluten „Verbrennerverbot“ in der Bundesregierung abgelehnt. 

Was sind E-Fuels und worum geht es?

E-Fuels sind klimaneutral – und damit ein essentieller Beitrag für die zügige Dekarbonisierung der Bestandsflotte. Sie werden mithilfe von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, Wasser und Kohlenstoffdioxid aus der Luft hergestellt. Im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen setzen sie daher kein zusätzliches Kohlendioxid frei und sind in der Gesamtbilanz klimaneutral. E-Fuels sind kompatibel mit heutigen Verbrennungsmotoren und können daher Fahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe klimafreundlich antreiben. Außerdem können bestehende Infrastrukturen für den Transport und den Vertrieb von E-Fuels genutzt werden.

Deshalb haben wir im Rahmen der Verhandlungen zur EU-Notfallverordnung in der Koalition gegen starke Widerstände durchgesetzt, dass sogenannte paraffinische Kraftstoffe in Reinform (z.B. E-Fuels und innovative Kraftstoffe) künftig zugelassen werden. Dies ist ein großer Erfolg und ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Denn bislang war lediglich eine stark begrenzte Beimischung erlaubt. In der 10. Bundesimmissionsschutzverordnung wird nun die entsprechende DIN-Norm anerkannt. Damit wird es künftig möglich sein, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor klimaneutral zu betreiben.

Die CO2-Flottenregulierung für PKW und leichte Nutzfahrzeuge würde ab 2035 die Neuzulassung von Fahrzeugen mit CO2-Ausstoß verbieten. Dieses de facto Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 ist voreilig. Es widerspricht dem Ansatz der Technologieoffenheit, gefährdet den Einsatz von E-Fuels im Straßenverkehr und setzt hunderttausende Arbeitsplätze in der Automobilindustrie aufs Spiel. Zudem wäre der Klimaschutzeffekt aufgrund des EU-Emissionshandels für die Bereiche Verkehr, Gebäude und Gewerbe (EU-ETS II) zu vernachlässigen. Daher wurde auf Initiative der FDP die EU-Kommission aufgefordert, einen Rechtsakt vorzulegen, der die Möglichkeit schafft, PKW mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 noch zuzulassen, wenn diese nachweislich ausschließlich mit klimaneutralen E-Fuels betrieben werden können. Allerdings ist die EU-Kommission dieser Aufforderung bislang nicht nachgekommen.

Der zuständige EU-Vizepräsident und EU-Kommissar für den Klimaschutz, Frans Timmermanns, hat sich zudem öffentlich wiederholt kritisch zu einem entsprechenden Rechtsakt geäußert und kommt zu folgender Einschätzung „How realistic are e-fuels for clean combustion engines? Well, until now it doesn’t seem a realistic possibility.“. Mit dieser Haltung ist nicht davon auszugehen, dass die Kommission ihre Untätigkeit ohne zusätzlichen Druck aufgeben wird. Daher wird sich Deutschland bei der Abstimmung über das avisierte „Verbrennerverbot“ enthalten.

Warum Deutschland einem „Verbrennerverbot“ nicht zustimmen sollte

E-Fuels sind klimaneutral. Der Begriff E-Fuels bezeichnet synthetische Kraftstoffe, bei deren Herstellung CO2 verwendet wird, dass zuvor der Atmosphäre entzogen wurde. Es wird demnach kein zusätzliches CO2 emittiert.

Das avisierte „Verbrennerverbot“ gilt nur für Neuzulassungen. Im Sinne der europäischen Klimaziele ist es jedoch wichtig, dass die zügige Dekarbonisierung der europäischen Bestandsflotte gelingt. Hierfür braucht es klimaneutrale E-Fuels, deren technologische Entwicklung durch das „Verbrennerverbot“ behindert würde. Deren Einsatz als “Drop-In”-Kraftstoff wäre ohne Umrüstung der Fahrzeuge bereits vor 2035 möglich.

Die Verbrennertechnologie wird zudem auch in weiten Teilen des Globus noch für Jahrzehnte vorherrschend sein – sei es in der Bestandsflotte oder in neuen PKW. Daher sind E-Fuels auch für den globalen Klimaschutz eine Chance für die Dekarbonisierung des Verkehrssektors. Deutsches Know-how und Produktionskapazitäten sollten auch aus diesem Grund erhalten bleiben und nicht durch ein voreiliges Verbot gefährdet werden. Nicht der Verbrennungsmotor ist Verursacher von CO2-Emissionen, sondern die fossilen Kraftstoffe.

Im Zuge der Reform des EU-Emissionshandels werden zukünftig die Bereiche Straßenverkehr und Gebäude durch ein weiteres System (EU-ETS II) miteinbezogen. Der EU-ETS II bekommt ein eigenes Cap. Dementsprechend steht die Menge an CO2, die durch ein „Verbrennerverbot“ vermieden werden könnte, auch weiterhin dem Markt in Form von Zertifikaten (Allowances) zur Verfügung. Daraus folgt jedoch, dass eine Beendigung der Neuzulassung von PKW mit Verbrennungsmotor zukünftig keine zusätzliche Emissionsminderung bewirkt. Würden hingegen E-Fuels als klimaneutrale Kraftstoffe für Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr im Wettbewerb mit anderen Antrieben durchsetzen, ließe sich die Cap des EU-ETS II kostengünstiger einhalten.

Zwar sind E-Fuels gegenwärtig noch teuer – allerdings ist es möglich, dass durch künftige Innovationen die Kosten für E-Fuels signifikant gesenkt werden können. Deshalb sollte die EU-Gesetzgebung technologieoffen ausgestaltet sein. Der Markthochlauf von E-Fuels sollte nicht durch voreilige Verbote erschwert werden. Anders als vielfach behauptet, behindert eine Rationierung von E-Fuels für spezielle Anwendungen (z.B. die Luftfahrt) aufgrund der Kuppelproduktion unterschiedlicher Derivate aus dem synthetischen Ausgangsrohstoff (E-Crude) den Markthochlauf klimaneutraler Brenn- und Kraftstoffe.

Im Vergleich zur Elektromobilität benötigen E-Fuels keine neue Infrastruktur von Ladesäulen und Batteriefabriken. Vielmehr laufen PKW mit diesen Kraftstoffen einfach weiter wie bisher. Zudem bilden synthetische Kraftstoffe einen effektiven und kostengünstig zu lagernden Speicher für schwankenden grünen Strom. Wir wollen, dass sich die besten Antriebstechnologien im Wettbewerb durchsetzen.

Deutschland ist weltweit führend bei der Verbrennertechnologie. Ein Verbot gefährdet die Grundlagen unseres gesellschaftlichen Wohlstandes – hunderttausende Jobs in der deutschen Automobilindustrie (Hersteller und Zulieferer) sind gefährdet! Aus Verbrauchersicht können PKW mit kostengünstigen, jedoch klimaneutral angetriebenen Verbrennungsmotoren gegenüber rein elektrisch betriebenen Fahrzeugen mit teuren Batterien noch lange eine preiswerte Mobilitätsoption mit hoher Reichweite darstellen.

Stand der Verhandlungen über die EU-Flottengrenzwerte

Auf europäischer Ebene wird eine EU-Verordnung über neue CO2-Flottengrenzwerte für PKW und leichte Nutzfahrzeuge verhandelt. Diese Verordnung führt faktisch zu einem Verbot der Neuzulassung von PKWs und leichten Nutzfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren ab 2035.

Deutschland hatte den Verordnungsentwurf im Rat bislang unterstützt. Zugleich wurde auf Initiative der FDP ein Erwägungsgrund in den Rechtstext aufgenommen, wonach die EU-Kommission einen Rechtsakt vorlegen soll, der die Zulässigkeit von klimaneutralen E-Fuels auch nach 2035 gewährleistet. Im Wortlaut lautet der Erwägungsgrund:

„Nach Konsultation der Interessenträger wird die Kommission – in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht, außerhalb des Geltungsbereichs der Flottenzielwerte und in Übereinstimmung mit dem Ziel der Klimaneutralität der Union – einen Vorschlag für die Zulassung nach 2035 von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, vorlegen.“

Die EU-Kommission hat den Erwägungsgrund als Teil des erzielten Kompromisses anerkannt. Allerdings ist die EU-Kommission bislang der Aufforderung des Rates, einen entsprechenden Vorschlag vorzulegen, nicht nachgekommen. Der zuständige EU-Kommissar Timmermanns hat sich zudem öffentlich wiederholt kritisch zu einem entsprechenden Rechtsakt geäußert. Es ist zu befürchten, dass aufgrund der fehlenden Rechtsbindung des Erwägungsgrund niemals ein Vorschlag seitens der Kommission erfolgen wird.

Im Trilog haben der Rat und das Europäische Parlament nun eine Einigung über die EU-Verordnung erzielt. Diese Einigung soll nun formal im sog. Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV) und sodann im Rat bestätigt werden. Nun wird Deutschland sich auf Initiative der FDP im Rat zum „Verbrennerverbot“ enthalten.

Sollte sich Deutschland enthalten, ist es denkbar, dass dadurch die Mehrheit für das „Verbrennerverbot“ wackelt. Anders als noch im November beabsichtigt nun wohl auch Italien gegen das „Verbrennerverbot“ zu votieren. Blieben auch Polen und Bulgarien bei ihrer bisherigen Ablehnung, würde bei einer deutschen Enthaltung eine Sperrminorität zustande kommen. In diesem Fällen müssten die Verhandlungen neu aufgenommen werden.

Hintergrund Regulierung von Flottengrenzwerten

Die Regulierung der CO2-Emissionen für PKW und leichte Nutzfahrzeuge in Europa erfolgt durch die EU-Verordnung 2019/631. Diese legt sogenannten CO2-Flottengrenzwerte (in gCO2/km) für PKW und leichte Nutzfahrzeuge fest. Flottengrenzwert bedeutet, dass der Durchschnitt aller in der EU in einem Jahr zugelassenen Fahrzeuge diesen Wert nicht überschreiten sollen. Nicht jedes einzelne neu zugelassene Auto muss also diesen Flottengrenzwert einhalten. Die Flottengrenzwerte gelten dabei nicht einheitlich für alle Hersteller. Vielmehr erhält jeder Hersteller seinen eigenen Flottengrenzwert in Abhängigkeit vom durchschnittlichen Fahrzeuggewicht der angebotenen Fahrzeugflotte.

Die derzeit verhandelte Novellierung der EU-Verordnung legt neue CO2-Flottengrenzwerte fest, die ab 2035 greifen sollen. Dabei sollen die Flottengrenzwerte so bemessen werden, dass ab 2035 nur noch Wagen mit Elektro- oder Wasserstoffantrieb neu zugelassen werden können. Umgekehrt soll für neue Autos und leichte Nutzfahrzeuge mit Benzin- und Dieselantrieb mit Ende 2034 Schluss sein. Das gilt auch, wenn sie mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden.

Mit den verschärften Anforderungen an die Minderung der CO2-Emissionen sollen Anreize geschaffen werden, um den Anteil emissionsfreier Fahrzeuge, die in der EU auf den Markt gebracht werden, zu erhöhen. Beabsichtigt ist ein klares industrie- und klimapolitisches Signal, um den Technologiewandel voranzutreiben und sowohl Nachfrage als auch Angebot an klimaneutralen Nutzfahrzeugen signifikant zu erhöhen.

Das Ziel des KOM-Vorschlages ist es, zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 beizutragen. Dazu sollen die Nettoemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 gesenkt werden. Dabei sollen alle Bereiche der Wirtschaft einen Beitrag zur Erreichung dieser Emissionsminderung leisten – einschließlich des Straßenverkehrssektors.